2.945,46 EUR

Das ist die Summe, die ich dem deutschen Staat diesen Monat überwiesen darf. 5 Jahre nach Studienabschluss wird die BAföG-Rückzahlung fällig.Fast 3000 € Schulden habe ich also „angehäuft“, nur damit ich eine Universität besuchen konnte. Da ich nebenbei Arbeiten musste, und es leider nur in 120% der Regelstudienzeit geschafft habe, entfallen weitere Boni auf’s BAföG.
Ich möchte nicht wissen, wo ich noch 500 € oder mehr pro Semester noch hätte her zaubern sollen, nur damit meine Universität „bessere Lehre“ – was immer das auch sein soll – bieten kann. Noch dazu mit einem voll gepackten Bachelor-Studium, das weder Zeit für Nebenjobs, noch für irgend etwas anderes bietet. Doch das soll jetzt kein Rant gegen den Verfall unserer Hochschullandschaft werden.

Ich war immerhin in der Lage mit viel Papierkram in den „Genuss“ der staatlichen Förderung zu kommen. Der Genuss beinhaltete in diesem Fall auch, dass mir die Leute „auf dem Amt“ ihre Inkompetenz und Unverschämtheit so oft demonstriert haben, dass mir als „Bittsteller“ mehrmals der Kragen geplatzt ist. Mich und meinen Vater hatten die, glaube ich, schon auf dem roten Telefon: „Oh nein, er ruft schon wieder an!“.
Man muss dazu sagen, dass ich mir nichts erschlichen habe, letzendlich war ich im Recht und alles bester Ordnung; die Pfeifen haben mich nur zwischendurch 7 Monate in ihrer Bürokratie gemalen, so dass ich ohne einen Cent da saß. Zu Weihnachten bekam ich dann mein komplettes Geld überwiesen – schönen Dank auch, und wovon sollte ich bis dahin meine Miete bezahlen?

Ich habe keine Ahnung, ob die Bürokratie in Dänemark in dieser Hinsicht besser ist. Allerdings gibt es für Dänen die Statens Uddannelsesstøtte (dt. Staatliche Ausbildungsunterstützung, kurz „SU“), die in etwa dem deutschen Bundesausbildungsförderungsgesetz entspricht. In der Länge bzw. Kürze des Wortes spiegelt sich auch der Hauptunterschied wieder: während in Deutschland, wie oben beschrieben, sich Studenten durch monatelange Prüfungsprozesse ziehen, ob denn die Eltern nicht auch wirklich 100.000 € in der Socke unter dem Bett verstecken, gibt es in Dänemark ein Grundeinkommen für Dänen über 18, die einen Ausbildungsvertrag bzw. Immatrikulation nachweisen können. Schluss aus, der Nächste bitte! Natürlich gibt es da auch Staffelungen und gewisse Hürden und man muss seinen Ausbildungsfortschritt nachweisen, aber im Gegensatz zu einem Studienkredit muss man es nicht zurück zahlen. Letzteren kann man aber zusätzlich erhalten.

Wieder einmal ist das ganze Spaß übrigens von Steuern finanziert. Und keine Ahnung, ob das Modell besser ist, aber es hätte mir auf jeden Fall mehrere Nervenzusammenbrüche erspart.

Leben mit dem Schmerz

Heute ist wieder einer dieser Tage, die man eigentlich nur im Bett mit der Decke über dem Kopf verbringen will. Wobei „will“ ist das falsche Wort, er eher „muss“ – weil es die einzige Position ist, in der man nicht von einem Schmerzkrampf nach dem nächsten geschüttelt wird. Medikamente lindern zwar meistens, jedoch nicht immer.

Man lernt damit umzugehen sich an manchen Tagen sprichwörtlich nicht aus dem Bett zu kommen, oder sich nicht nach dem Shampoo in der Dusche bücken zu können,  nicht den Kopf drehen zu können, man hat sich damit abgefunden im Fitnessstudio nicht die volle Distanz wie alle anderen gehen zu können, weil einem nach zehn Minuten schon alle Wirbel einzeln aus dem Rücken springen möchten. Man lernt auch mit der vermeintlichen Atemnot und Seitenstechen umzugehen, weil sich Teile des Brustbeins entzündet haben und dies bei jedem Atemzug in Erinnerung rufen.

Denn viel schlimmer als der reißende Schmerz an solchen schlechten Tagen (der einem dann zwar den Rest gibt) ist der immer präsente dumpfe Schmerz. Zwar weiß ich genau welche Gelenke sich mal wieder dazu entschieden haben einen Krieg mit meinem Immunsystem anzuzetteln, doch die Quelle des pochende dumpfe Schmerz im Kopf ist nicht lokalisierbar. Man fühlt sich manchmal einfach nur schlecht, leer und ist meist auch mies gelaunt und reizbar. Das Problem dabei ist, dass der Schmerz alle Sinneseindrücke und sozialen Interaktionen affektiert. Jede Sache muss hinterfragt werden: fühle ich mich jetzt wirklich schlecht deswegen oder ist das nur die Krankheit? Mag mich die Person wirklich nicht, oder kommt diese Emotion von einem völlig anderen Teil meines Gehirns? Dieser tägliche Kampf ist das Schlimmste.

Ein guter Freund meinte einmal: „Du hast eine seltensten Krankheiten der Erde abbekommen, die dich zwar nicht umbringt, aber Dir das Leben zur Hölle macht! Glückwunsch!“). Zwar hilft es nicht hier in Selbstmitleid zu verfallen (Spondylitis ankylosans ist ohnehin nicht heilbar), aber wenigstens habe ich hier einen Platz, wo ich das einmal loswerden konnte 🙂

Nach STRG+C und STRG+V kommt nun ENTF

Ich gebe zu, dass ich den Witz in der Überschrift aus dem Internet kopiert habe, bei der Quelle habe ich aber leider ein wenig den Überblick verloren. Ernsthaft: ich bin dankbar, dass der Verteidigungsminister (nun) a.D. endlich die Konsequenz gezogen hat und weiterer Schaden vom Wissenschaftsstandort Deutschland abgewendet werden konnte. Vielleicht wird man ihn auch noch strafrechtlich wegen Urkundenfälschung oder Betruges belangen, aber das ist mir persönlich nicht so wichtig. Es geht hier nicht um persönliche Rache an der Person Guttenberg, sondern um die Verfehlungen der Person in Zusammenhang mit dem Amt des Verteidigungsministers. Unethisch handeln vermutlich viele unserer Politiker, ich möchte aber zumindest keinen (mutmaßlichen) Betrüger in unserer Regierung.  Und damit ist neben dem Fälschen eines wissenschaftlichen Dokuments vor allem die Verhöhnung der Wissenschaft und Abwiegelung seitens Guttenberg in den letzten Tagen gemeint. Wer so offen lügt und arrogant vor die Kameras tritt, der müsste eigentlich damit rechnen, dass ein großer Dampfhammer aus Akademia auf den ihn zu rollt. Und 50.000 Unterschriften sind schon beachtlich. Ich ziehe meinen Hut vor meinen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland. Dieser politische Sieg ist eigentlich mehr ein Sieg der Wissenschaft, die es nicht hingenommen hat, dass die vor allem Kanzlerin so sehr den Wissenschaftsstandort Deutschland beschädigt.

Bleibt noch die große Frage nach seine Popularität. Aber wenn wir Politiker nach Beliebtheit auswählen, dann habe ich hier einen heißen Anwärter für seine Nachfolge gefunden. Den finden die ganzen Jubelperser bestimmt nämlich auch ganz schnell einen „guten Politiker“ – was Guttenberg für gute Politik gemacht hat haben soll, ist mir immer noch schleierhaft, aber das ist für diese Sache unerheblich.

Guttenbergs „Schummelei“

Vermutlich kommt man, wenn man eine Tageszeitung aufschlägt, in Deutschland derzeit nicht um Guttenberg und seine (?) Dissertation herum. Der gute Gutti scheint genauso wie der Genetik-Onkel Sarrazin mächtig zu polarisieren, dass er es auch in die dänischen Nachrichten geschafft hat.
Die einen sehen einen arroganten Aristokraten, der die Glaubwürdigkeit eines der höchsten deutschen Ämter ramponiert hat, und der lieber heute als morgen zurücktreten sollte. Die anderen sehen die Lichtgestalt „KT“, den Macher, dem auch mal „eine kleine Schummelei“ verziehen wird. Ich persönlich konnte den Mann persönlich wie politisch noch nie wirklich leiden, doch das nur am Rande.

Derzeit weisen die Fakten daraufhin, dass Karl-Theodor seine Dissertation von einem Ghostwriter, vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, aus dem Baumarkt oder aus dem Internet, jedoch nicht wie angegeben in 7 Jahren mühevoller Kleinarbeit geschrieben hat. Und so tingeln derzeit diverse „Experten“ durch Talkshows, die zwar viel Reden können, jedoch völlig übersehen, dass KT eben mal so im Handstreich allen Doktoranden und dem Wissenschaftsbetrieb mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen hat: „Seht her! Was macht ihr euch über Jahre die Mühe, wenn es auch viel einfacher geht!“. Wer das noch als „Schummelei“ abtut, ist entweder sehr naiv oder hat keine Ahnung wie Wissenschaft funktioniert.
Über mehrere Jahre trägt man akribisch Wissen für Wissen zusammen, reflektiert Ergebnisse und versucht eigene Ideen in Kontext zu Ideen anderer Forscher zu bringen. Und Ideenklau ist bei weitem kein Kavaliersdelikt, da hört der Spaß in der sonst so legeren Forschergemeinde ziemlich schnell auf. Ideen anderer zu zitieren und zu benutzen ist allerdings fester Bestandteil von wiss. Arbeit. Wie man allerdings auf die Idee kommen kann, das „mit dem Zitieren“ würde irgendwo „lax“ gehandhabt, ist mir schleierhaft. Diese Fakultät sollte man schleunigst dicht machen.

Ob nun Rücktritt oder nicht – ich würde dem Herrn von und zu Guttenberg eher ein Strafverfahren wegen Betruges anhängen, und Eines wegen Amtsmissbrauches gleich noch mit. Welche Possen sich die deutsche Regierung gerade leistet, ist mir persönlich egal – waren sie doch nur ein Grund mehr auszuwandern. Der Wissenschaftler in mir fühlt sich aber zutiefst beleidigt.

Nachtrag: Bei der Zeit scheint man eine ähnliche Auffassung zu haben: Guttenberg verhöhnt das Leistungsprinzip

Abenteur Bahnfahren

Bahn fahren ist toll! Mit der Bahn durch Europa zu fahren ist super spannend! Nein, ich meine damit nicht plötzlich auftretende Verspätungen, Zugausfälle oder ausfallende Klimaanlagen, sondern das, was sowieso ständig da ist: andere Mitreisende. Ich bin ja eher der Typ, der – sofern mir jemand sympathisch ist – Leute einfach wild anquatscht. Man ist sowieso für ein paar Stunden zusammen eingesperrt, also warum kann man die Zeit nicht sinnvoller nutzen, als aus dem Fenster zu starren oder zum 100. Mal die Schlagerparade auf dem iPod zu hören. Meist erkennt man am Gegenüber sehr schnell, ob der- oder diejenige oft reist oder nicht: Vielreisende sind nämlich dankbar über jede Ablenkung und meist offen für Gespräche. Andere sind oft einsilbig oder demonstrativ nicht an einem Gespräch interessiert. Und immer hört man neue interessante Geschichten.

Einmal habe ich ein schwedisches Renterehepaar kennen gelernt, die zwar nur gebrochen Englisch sprachen, aber gerade auf ihre Europareise aufgebrochen waren – alle Ziele mit dem Zug! Von Kopenhagen über Paris nach Rom. Dann nach Budapest und über Berlin wieder zurück; und noch bestimmt einige andere Ziele, an die ich mich nicht mehr erinnern kann.
Ein anderes Mal habe ich einen Ingenieur für Windkrafanlagent aus Norwegen getroffen, der das leichte Schwanken der Fähre überhaupt nicht vertragen hatte und gleich im Zug den Cognac aus dem Duty Free Shop leerte um sich zu beruhigen.

Am Donnerstag hatte ich zuerst eine nette und aufgeschlossene Gesprächspartnerin aus Kopenhagen (die diesen Eintrag vermutlich gerade liest 😉 ) und im Anschlusszug das krasse Gegenteil: eine Studentin aus Hamburg, die sich während der ersten zwei Sätze Smalltalk demonstrativ die Stöpsel ins Ohr schob. Daneben eine Familie, die jeden Schmunzler meinerseits über einen Witz in ihrem Gespräch mit einem bösen Blick quittierte. In Deutschland kommuniziert man wohl nicht im Zug!

Meine persönliche Hypothese, die aus den Fakten des Tages gewonnen haben: Menschen, die im Ausland leben und öfter als einmal pro Jahr Bahn fahren, sind grundsätzlich aufgeschlossener. So! 8)

Architektur-Burka

Wer’s noch nicht mitbekommen hat: heute ist ein Deutschland der Google Streetview Dienst für alle größeren Städte gestartet. Dort kann man sich jetzt Deutschland nicht nur auf einer Landkarte ansehen, sondern auch ein Panoramabild bekommen, wie es an der ausgewählten Straße aussieht. Aber was man hier so an Medienhysterie aus Deutschland in den letzten Monaten mitbekommen hat, muss man das sowieso niemanden mehr erklären – oder vielleicht doch? Es hält sich ja immer noch hartnäckig das Gerücht, dass Google nun alle Häuser derer, die nicht so „schlau“ waren sich bei Google zu beschweren, live ins Internet überträgt. News Flash! Die Bilder sind Standbilder so aus dem Jahre 2009.

Was macht man als erstes? Natürlich, schaut man  sich seine Heimatadresse an. Und Überraschung: unser Haus in Deutschland ist auch „entfernt“ worden. In der Straße sind so einige Häuser auf diese Weise markiert worden; welche Gründe ihre Bewohner dafür auch gehabt haben, jetzt weiß man endlich qo die Querulanten wohnen – reich ist da sicher niemand. In unserem Fall werden es wohl unsere Nachbarn gewesen sein, und Google hat ganz pflichtbewusst einfach den Rest auch weg retuschiert. Vielleicht hat man sich auch nur in der Adresse geirrt.

Ich frage ich mich nun, was jetzt die Konsequenzen sind? Erst einmal sieht das absolut hässlich aus, dann benachteiligt es diejenigen, die vielleicht ihr Haus gerne im Internet präsentieren möchten, und jegliche Verschleierung („Architektur-Burka“) ablehnen. Und dann wird das Haus jetzt vermutlich auch  interessanter für Diebe. Irgendetwas wertvolles muss es da dort doch zu verbergen geben!?

Liest man sich durch Kommentare in der Blogossphäre, so gibt es hunderte, die genervt/enttäuscht davon sind, dass ihr Haus oder Wohnung nicht auf Street View zu sehen sind. Es drängt sich allgemein die Frage auf: mein Haus ist jetzt etwas besonderes, sollte ich mir bessere Schlösser kaufen? Auch fragt man sich: all die, die anonym bleiben wollten, haben Google jetzt zu der Straßen und Hausnummer noch den Namen geliefert – ging das nicht nach hinten los? Kurioserweise, typisch Deutschland, spekuliert man nun, ob die Beschwerdewelle nun in die andere Richtung rollt und Leute ihr Haus wieder entschleiert sehen wollen. Als ob wir sonst nichts zu tun hätten.

Und was sagt das Ausland dazu? Man lacht sich mal wieder über Deutschland tot. Hier im Büro erntet das Bild unserer Straße nur Kopfschütteln. Wen kümmert’s denn? Dänemark ist fast vollständig erfasst – trotzdem ziehen hier keine plündernden Horden durch die Wohnviertel.

Tyskland, 12 punkter!

So, „unsere“ Lena hat also den Grand Prix gewonnen und Deutschland steht Kopf wie nach dem Gewinn der Fußball Weltmeisterschaft – zumindest steht das in den deutschen Medien – die Dänischen begnügten sich meist mit einem kurzen Artikel über den Wettbewerb, die weiteren Plätze (Dänemark immerhin 4.) und lassen natürlich nicht den Hinweis aus, dass „Satelite“ u.A. von einem Dänen komponiert wurde.

Ob der Melodi Grand Prix dieselben beeindruckenden Marktanteile wie in Deutschland erreichen konnte, und das Interesse genauso so groß war, weiß ich nicht. Bekannt allerdings ist, dass die skandinavischen Grand Prix Fans an Lena interessiert waren. Wie man auf der Grafik sieht, stimmten die skandinavischen Länder nahezu geschlossen für Deutschland.

Und obwohl ich auf einer Grillparty war, konnte ich die Anwesenden davon überzeugen wenigstens den Fernseher laufen zu lassen. Aber als dann Deutschland klar in Führung lag versammelten sich dann doch noch andere um den Schirm. Ich hatte ja heimlich auch eine SMS für die kleine Hannoveranerin spendiert 😉
Gesprächsthema des Abends war aber auch, warum plötzlich Osteuropa nicht mehr die Punkte unter sich aufteilte; was ja u.A. dazu beigetragen hat, dass sich in Westeuropa niemand mehr so wirklich für den Wettbewerb interessiert hat. Vielleicht hat das mit der Regeländerung zu tun, dass nun auch im Finale 50% der Punkte aus jedem Land von einer Jury vergeben werden!?

Lena ist irgendwie ein spannendes innerdeutsches Phänomen: wie kann ein Mädchen aus einer Casting Show bei einem Wettbewerb, der eigentlich schon für tot erklärt worden ist,  mit einem guten (aber meiner Meinung nach nicht überragenden) Lied in Deutschland so etwas auslösen? Der Gewinn des ESC ist ja quasi „nur“ die Bestätigung dafür.
Angela Merkel schrieb in ihrer Glückwunschbotschaft: „sie [Lena] ist ein wunderbarer Ausdruck des jungen Deutschlands“. Vielleicht ist das das Geheimnis? Es geht nicht um Lena, sondern um eine Generation und Mittelschicht, die sich kulturell besser repräsentiert sieht als durch Casting-Knastis oder Entflohene des Mutantanstadels? Wer weiß.

Hier in Kopenhagen ist dieses Bild glaube ich schon lange erreicht, aber hier geht man auch traditionell etwas unverkrampfter mit allem (und auch Deutschland) um. Apropos, der „Sieger der Herzen“ war hier eindeutig Holland. Wenn man den Song mit etwas ironischer Distanz betrachtet, ist die Folklorenummer ein witziger Ohrwurm.