Architektur-Burka

Wer’s noch nicht mitbekommen hat: heute ist ein Deutschland der Google Streetview Dienst für alle größeren Städte gestartet. Dort kann man sich jetzt Deutschland nicht nur auf einer Landkarte ansehen, sondern auch ein Panoramabild bekommen, wie es an der ausgewählten Straße aussieht. Aber was man hier so an Medienhysterie aus Deutschland in den letzten Monaten mitbekommen hat, muss man das sowieso niemanden mehr erklären – oder vielleicht doch? Es hält sich ja immer noch hartnäckig das Gerücht, dass Google nun alle Häuser derer, die nicht so „schlau“ waren sich bei Google zu beschweren, live ins Internet überträgt. News Flash! Die Bilder sind Standbilder so aus dem Jahre 2009.

Was macht man als erstes? Natürlich, schaut man  sich seine Heimatadresse an. Und Überraschung: unser Haus in Deutschland ist auch „entfernt“ worden. In der Straße sind so einige Häuser auf diese Weise markiert worden; welche Gründe ihre Bewohner dafür auch gehabt haben, jetzt weiß man endlich qo die Querulanten wohnen – reich ist da sicher niemand. In unserem Fall werden es wohl unsere Nachbarn gewesen sein, und Google hat ganz pflichtbewusst einfach den Rest auch weg retuschiert. Vielleicht hat man sich auch nur in der Adresse geirrt.

Ich frage ich mich nun, was jetzt die Konsequenzen sind? Erst einmal sieht das absolut hässlich aus, dann benachteiligt es diejenigen, die vielleicht ihr Haus gerne im Internet präsentieren möchten, und jegliche Verschleierung („Architektur-Burka“) ablehnen. Und dann wird das Haus jetzt vermutlich auch  interessanter für Diebe. Irgendetwas wertvolles muss es da dort doch zu verbergen geben!?

Liest man sich durch Kommentare in der Blogossphäre, so gibt es hunderte, die genervt/enttäuscht davon sind, dass ihr Haus oder Wohnung nicht auf Street View zu sehen sind. Es drängt sich allgemein die Frage auf: mein Haus ist jetzt etwas besonderes, sollte ich mir bessere Schlösser kaufen? Auch fragt man sich: all die, die anonym bleiben wollten, haben Google jetzt zu der Straßen und Hausnummer noch den Namen geliefert – ging das nicht nach hinten los? Kurioserweise, typisch Deutschland, spekuliert man nun, ob die Beschwerdewelle nun in die andere Richtung rollt und Leute ihr Haus wieder entschleiert sehen wollen. Als ob wir sonst nichts zu tun hätten.

Und was sagt das Ausland dazu? Man lacht sich mal wieder über Deutschland tot. Hier im Büro erntet das Bild unserer Straße nur Kopfschütteln. Wen kümmert’s denn? Dänemark ist fast vollständig erfasst – trotzdem ziehen hier keine plündernden Horden durch die Wohnviertel.

2 thoughts on “Architektur-Burka

  1. Hallo Tobi,

    endlich sind sie da, die neuen Postkarten: http://saschalobo.com/2010/11/17/streetview-postcards/

    Und wenn ein Haus mal unkenntlich ist, einfach mal eine der vielen Alternativen versuchen, z.B. http://sightwalk.de/ (ok, Hannover ist noch nicht dabei).

    Dem Mob wäre das Thema entgangen, wenn es nicht einige Politkomiker genutzt hätten, um sich zu profilieren. Schließlich denkt man ja an Datenschutz, neben der Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchung, ePerso mit Fingerabdrücken, eGesundheitskarte,

    Außerdem trägt das Projekt zur Heiterkeit am Arbeitsplatz bei: http://www.artfagcity.com/2009/08/12/img-mgmt-the-nine-eyes-of-google-street-view/

    Viele Grüße aus der Spaßzentrale

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