Wer in Dänemark krank ist sollte etwas Zeit mitbringen

Die letzten Wochen war es ja etwas ruhiger hier im Blog. Das lag zum eine daran, dass ich Forschungstechnisch recht gut ausgelastet bin, und zum anderen das ich den Rest der Zeit damit beschäftigt war (gefühlt) nicht zu sterben bwz. auf dem Boden herum zu kriechen.

Doch von vorne: vor cirka 10 Jahren wurde bei mir Morbus Bechterew diagnostiziert. Eine rheumatische Erkrankung, die zwar unheilbar aber nicht lebensbedrohlich ist. Werden die Symptome jedoch nicht behandelt macht sie einem das Leben zur Hölle. Um die Sache abzukürzen: ich war in Deutschland in Langzeitbehandlung, doch dann zog ich nach Dänemark.

Mein erster naiver Versuch an die erforderlichen Medikamente zu kommen endete recht ernüchternd. Mein Hausarzt stellte mir ein Rezept für das aus, was ich haben wollte, und fertig – denkste!

Hausärzte sind so eine Sache in Dänemark. Hat man einen Wohnsitz in Dänemark wird einem ein Hausarzt zugewiesen. Das soll gewährleisten, dass alle Wohngebiete abgedeckt bzw. alle Hausärzte gleich ausgelastet sind; meinem Hausarzt kann ich vom Wohnzimmer in die Praxis schauen. Wobei Praxis ist übertrieben – eigentlich ist es nur ein Präxchen. Allerdings gibt es ein Problem: Hausärzte sind wirklich nur für die Behandlung von simpelsten Wehwehchen wie Schnupfen oder Durchfall gedacht. Dementsprechend gewichtig sind Rezepte vom Hausarzt.

Als ich das Rezept in der Apotheke  einlösen wollte stellte mir die Dame die Frage, die mir bisher alle Damen in Apotheken gestellt haben: „Oh, das haben wir nicht auf Lager. Ist es okay wenn wir das bestellen?“ und Eine, die mir bisher noch nie gestellt wurde: „Ihr Zuzahlung würde etwa 8000 Kronen betragen. Sind sie sicher, dass Sie das haben wollen?“ 8000 Kronen!? Das sind ja über 1000 Euro! Äh .. danke nein!

Es stellte sich heraus, dass das Medikament nicht zur freien Vergabe in Dänemark zugelassen ist, und ich deshalb die Kosten selbst hätte tragen müssen. Um über das Gesundheitssystem daran zukommen musste ich den langen Dienstagweg nehmen – und ich meine wirklich laaaang. Das Zeug wird hier in Krankenhäuser ungefähr genauso organisiert abgegeben wie Methadon – macht bloß nicht so high.

Zunächst überweist der Hausarzt an einen Spezialarzt. Und genauso wie in Deutschland sind dabei die Wartezeiten in Wochen zu rechnen; etwa 6 Wochen. Der Spezialarzt darf das Medikament zwar weder ausgeben, noch Bluttests machen, aber er darf in durch ein Gespräch und eine rudimentäre Untersuchung eine Diagnose stellen und ins Krankenhaus überweisen.

Und Krankenhäuser sind hier das wahre Zentrum des dänischen Gesundheitssystems. Das Krankenhaus Frederiksberg ist riesig und scheinbar für alles und jeden zuständig. Aber auch eine Uberweisung ins Krankenhaus dauert ein paar Wochen. Ich erspare Euch die Bilder (und mir die Peinlichkeit) zu beschreiben was passierte als das mir als Notlösung beschaffte Iboprofen ausging; aber es hat mit stechenden Schmerzen und kriechen auf dem Boden zu tun.

Das Beste an einem dänischen Krankenhaus ist, so glaube ich, dass das gesamte Personal einschließlich der Reinigungskräfte Englisch spricht – und das alle Schwestern und Ärztinnen unter 30 blond, groß und hübsch sind. Größter Nachteil ist allerdings, dass die alle die Ruhe weg haben und auch mit Zeit von Patienten recht großzügig umgehen.
So durfte ich über drei Wochen immer mal wieder für Bluttest oder Röntgenaufnahmen eine Stunde durch die Stadt fahren um dort aufzuschlagen. Ich verstehe ja, dass man sich nicht auf mein Wort verlässt und den ganzen Diagnoseprozess noch mal durch exerziert, aber kann man das nicht an einem Tag machen? Außerdem müssen Arbeitgeber in Dänemark unheimlich flexibel sein: die Einladung zu Untersuchungen hatte ich kurzfristig entweder einen Tag vorher, am selben Tag oder auch manchmal einen Tag danach im Briefkasten. Gut, dass ich keinen „richtigen“ Job habe und nahezu kommen und gehen kann wann ich will.

Heute war es allerdings so weit, und ich durfte mir den heiligen Gral in einer Kühltasche abholen. Der Kriechgang hat ein Ende und es ist Zeit nachzuholen, was in der letzten Woche alles liegen geblieben ist. Einen Termin für Nachschub in acht Wochen habe ich mir vorsichtshalber schon mal geben lassen.

3 thoughts on “Wer in Dänemark krank ist sollte etwas Zeit mitbringen

  1. Das klingt ja furchtbar. Dagegen waren meine vergeblichen Versuche, das israelische Gesundheitssystem in Anspruch zu nehmen eher harmlos. Ich werde zur Zeit gegen meinen Heuschnupfen desensibilisiert und müßte dafür jede Woche eine Spritze bekommen. Das Medikament habe ich aus Deutschland mitgebracht (kostet über 500 Euro), was an sich schon ein ziemlicher Aufwandt war, da es durchgehend gekühlt werden mußte, jedoch nicht gefrieren durfte und Fluggesellschaften mißtrauisch werden, wenn man kleine Fläschchen mit Flüssigkeiten mit in die Kabine nehmen will. In Israel wollte ich dann einfach zu einem Dermatologen gehen (wie in Deutschland), da die Spritze aufgrund der geringen Gefahr eines anaphylaktischen Schocks unter Aufsicht und in Anwesenheit einer Notfallausrüstung gegeben werden muß. Ums kurz zu machen, ohne israelische Krankenversicherung kann mich kein Arzt hier behandeln. Ich müßte ins Krankenhaus, wo ich für jede Spritze 1000 Schekel, etwa 200 Euro, bezahlt hätte. Also war die Sache mit der Hyposensibilisierung gegessen.

  2. Bei vorhandenen chronischen Krankheiten und längeren Auslandsaufenthalten lohnt es sich wirklich, von seinem Arzt ein Attest/Krankenbericht anfertigen zu lassen und diesen von einem beglaubigten Übersetzer in Englisch übertragen zu lassen. Kann im Zweifelsfall eine Menge Zeit und Nerven sparen.
    Gegen das Gesundheitssystem des jeweiligen Landes muss man dann eventuell doch noch kämpfen…

    Aber gut, dass das Problem jetzt erst einmal gelöst ist. Nächstes Mal gehst Du dann etwas früher, oder? 😉

  3. Wir können offenbar glücklich sein, keine Nachrichten von einem Amoklauf im Krankenhaus Frederiksberg gelesen zu haben. Wie hast du es ausgehalten, dass die Ärzte so gelassen sind, während es dir dreckig geht?

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