Reisebericht Nr.4: Wie funktioniert eigentlich Wissenschaft?

Letzte Woche war an der ITU nicht nur die CIG (dazu mehr weiter unten), sondern auch ein weiterer Besuch eines ausländischern Gastsin meinen heiligen Hallen. Diesmal nicht aus Deutschland, sondern aus dem zweit-coolsten Königreich der Welt: Großbritannien 😉 Christoph hat mich für eine Woche besucht, aber da aufgrund der Konferenz nicht viel Zeit für Sight-seeing blieb, zeigt das Foto Christoph in seiner natürlich Umgebung 😉 Aber da Dänemark sowieso ein kleines Utopia ist [sic], war das das perfekte Unterhaltungsprogramm.

CIG 2010
CIG 2010

Jetzt habe ich die letzten Tage soviel über die CIG geschrieben, dass sich manch ein Leser sicherlich fragt, was dort eigentlich passiert. Was ist die CIG? Die CIG ist die Konferenz zu Computional Intteligence in Games; also Künstliche Intelligenz in Spielen.

Mir ist bewusst, dass nicht alle Leser hier im Wissenschaftszirkus arbeiten und keinen PhD gemacht haben oder auf dem Weg dahin sind. Also klammere ich mal aus was CIG bedeutet, sondern versuche zu erklären, wie „Wissenschaft“ eigentlich funktioniert – zumindest in den Naturwissenschaften. Abweichungen von erbosten Humanisten sind in den Kommentaren zu erwarten 😉

Wissenschaftler (Doktoranden, Post-Docs, Professoren, Laborassistenten etc.) machen also das ganze Jahr (wenn man sie denn lässt) tolle und spannende Dinge (wenn sie Glück haben) und erfinden praktische Irgendetwas. Das kann sehr angewandt sein, wie z.B. ein neues Verfahren um Toastbrot zu toasten, oder eher theoretische Grundlagen wie z.B. ist es besser Motive auf Toast zu toasten?
Im einfachsten Fall nimmt jetzt die Firma, die die Wissenschaftler zur Forschung beauftragt hat, die Ergebnisse daher und entwickelt einen neuen Toaster. Wenn niemand außer man selbst hinter dem Thema steht, dann wird es etwas schwieriger einen Abnehmer zu finden. Der Output der Wissenschaft ist aber derselbe: Ideen.

Wie bringt man nun also seine Ideen an den Mann bzw. Frau? Man publiziert sie! Man schreibt einen netten Artikel (im Fachjargon Paper genannt) und schickt es an ein Journal (worauf ich in diesem Artikel nicht eingehen werde) oder an eine Konferenz; womit wir beim Thema wären.

Konferenzen gibt es viele; sogar mehrere zum selben Thema. Meist werden sie von Interessenverbänden oder anderen Zusammenschlüssen betrieben. Es gibt sogar Ratings für Konferenzen, die sich danach richten, wie viel Schund auf der Konferenz schon veröffentlicht wurde. Es gibt zunächst eine Aufforderung an alle am Fach Interessierten doch bitte etwas einzureichen  – dafür verwendet man den englischen Begriff Call for Paper oder Call for Participation.
Die Einreichungen werden nun einem Prüfungsprozess unterzogen: ein Komitee prüft, ob das, was veröffentlicht werden soll, überhaupt thematisch zur Konferenz passt, neu und vor allem kein Murks ist.
Die angenommenen Publikationen werden schließlich gebündelt veröffentlicht – das bedeutet konkret, dass man sie als Proceedings in Papierform in wissenschaftlichen Buchläden oder Bibliotheken bekommen kann. In der Praxis gibt es sie aber nur noch in elektronischer Form und online.
Letztendlich treffen sich (fast) alle Autoren und andere Interessierte auf der eigentlichen Konferenz und stellen sich gegenseitig ihre Arbeit in Form von Vorträgen vor. Auch hier ist nicht immer alles Gold was glänzt: manche Vorträge sind unerträglich langweilig, oder die zu Grunde liegende Forschungsarbeit einfach fragwürdig. Hauptfunktion der Konferenz ist aber mehr das Kennenlernen von Kollegen und Erfahrungsaustausch.

Tja, und dann gibt es immer noch eine Hand voll armer Schweine Leute, die an der austragenden Uni die Organisation übernehmen. Das reicht vom Organisieren von Tagungsräumen, Buffet und Planen der Vortragsreihen bis zum Bewältigen kleinerer Krisen der Teilnehmer während der Konferenz. Ich kenne jetzt alle Geldautomaten, Lebensmittelläden, Hotels und Toiletten um die ITU innerhalb 3km.
Das ganze fühlt sich am Ende an wie 5 Tage Ferienlager für große Kinder zu organisieren – und an Ende ist man froh wieder alle in den Flieger zurück zu ihren Eltern geschickt zu haben.

Jetzt gehen die Uhren wieder etwas langsamer. Nächste Woche beginnt auch das neue Semester – ich brauche Urlaub! 😀